Apicultural Review Letters
(Kritische Apikulturbriefe)

70. Brief
18. September 2006


 

Karma der Gedankenlosigkeit

„We feed the world" heißt: wir ernähren die Welt; wir, als Verbraucher haben es in der Hand, wie wir die Welt ernähren. Wenn ich mich als Verbraucher nicht aktiv gegen das sogenannte „Karma der Gedankenlosigkeit" erwehre und auf niedrige Lebensmittelpreise im Supermarkt hereinfalle und zum Beispiel Billighonig kaufe, darf ich mich über die Methoden der Erzeugung nicht wundern: In der Tierhaltung läuft es auf Tierquälerei hinaus. Der Imker beispielsweise fühlt sich dann genötigt, „ertragreich" zu imkern etwa mit der „Pressing-Methode". Er erzwingt sozusagen die Anpassungen der Biene an ein vom Menschen erfundenes System, das mit dem Wesen des Bien nicht mehr das geringste zu tun hat: Plastikwaben, ein mit Absperrgittern zusammengepresstes Brutnest mit bis zu sechs Königinnen pro Volk (!) - den sogenannten Wolkenkratzerbienenkästen. Zweifel an der Kompetenz und Unabhängigkeit von EFSA, FDA und USDA gibt es genug. Die EFSA gilt als ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko für die Europaische Union. Die Griechische Regierungsdelegation ließ auf der Konferenz verlauten, daß Griechenland das komplette Staatsgebiet zu einer GVO-freien Zone erklärt hat. Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB). Bayer Chef Werner Wenning hat sich mit seinen gentechnisch veränderten Produkten wieder einmal in die Nesseln gesetzt (hier mit Genreis LL601)

Der Titel des gelungenen Films und des noch besseren gleichnamigen Buches von Erwin Wagenhofer et al.  heißt mit Absicht: „We feed the world". Nicht Politiker, nicht Wissenschaftler, nicht Händler, auch nicht Supermärkte oder die Industrie geben die Richtung an, wie die Welt ernährt wird, sondern letztlich ist es der Verbraucher selbst. Mit seinen Kaufentscheidungen setzt er alle in Bewegung: Politiker, Wissenschaftler, Industrie, Supermärkte.

Wenn ich mich als Verbraucher nicht aktiv gegen das sogenannte „Karma der Gedankenlosigkeit" erwehre und auf niedrige Lebensmittelpreise im Supermarkt hereinfalle und zum Beispiel einen derartigen Billighonig kaufe, darf ich mich über die Methoden der Erzeugung nicht wundern: In der Tierhaltung läuft es auf Tierquälerei hinaus. Der Imker beispielsweise fühlt sich dann genötigt, „ertragreich" zu imkern etwa mit der „Pressing-Methode". Er erzwingt sozusagen die Anpassungen der Biene an ein vom Menschen erfundenes System, das mit dem Wesen des Bien nicht mehr das geringste zu tun hat: Plastikwaben, verstümmelte Bienenköniginnen (damit sie nicht ausschwärmen), ein mit Absperrgittern zusammengepresstes Brutnest mit bis zu sechs Königinnen pro Volk (!) - den sogenannten Wolkenkratzerbienenkästen. Nicht anders sieht es in der Kuh- Schweine- oder Hühnerhaltung aus. Niedrige Erzeugerpreise zwingen den Landwirt zur Tierquälerei.

Bei pflanzlichen Lebensmitteln läuft es auf Gentechnik hinaus. Gedankenlose Verbraucher, die bei Aldi, Lidl, Kaufland, Edeka, Rewe, Tegut & Co immer nur das Billigste kaufen, fördern damit die Gentechnik. Bei Aldi, Edeka und der zur Schwarz-Gruppe (Lidl) gehörende Kette Kaufland wurde schon der in der EU verbotene und für den Verzehr nicht zugelassene Genreis (LL601) gefunden. Wen wundert’s, wenn es allenthalben heißt: „Rückrufaktion für verbotenen Genreis", „wieder 10 Tonnen Gammelfleisch gefunden, dessen Verfallsdatum schon 1999 abgelaufen ist" (FAZ 2006/215, p.1), Die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungswirtschaft schätzt, die bislang entdeckten 1500 Tonnen Gammelfleisch seien nur die „Spitze des Eisberges". „Wir müssen mit der zehnfachen Menge rechnen" (FAS 2006/37, p.2).

„We feed the world" heißt: wir ernähren die Welt; wir, als Verbraucher haben es in der Hand, wie wir die Welt ernähren. Von unserer Kaufentscheidung hängt es ab, ob zwielichtige Wissenschaftler wie Herr Steven Linscombe von der Reisforschungsstation an der Universität Louisiana mit der Zerstörung der menschlichen Nahrung beginnen. Er hatte gemeinsam mit gleichgesinnten Forschern der Bundesstaaten Mississippi, Arkansas und aus Puerto Rico für Aventis (Bayer) Genreis wie „Liberty Link 601" (LL601) und „Liberty Link 62 (LL62) getestet. In das Erbgut haben die Biotechnologen „das isolierte Gen „Bar" des Bodenbakteriums Strptomyces hygroscopius eingefügt, um die Pflanzen mit einem neuen Eiweiß auszustatten" (FAZ 2006/215, p.3) - ein Unterfangen, das bekanntlich stets gesundheitliche Spätfolgen nach sich zieht, wie andere Beispiele zeigen, bei denen ebenfalls Eiweiße verändert wurden. Derart gentechnisch verändert werden in Amerika „Weizen, Raps, Soja und Baumwolle auf riesigen Flächen angebaut" (ibd.) - ohne Bedenken der zuständigen Behörden.

Man muß an die eigentlichen Ursachen gehen; es ist daher müßig sich zu fragen, wie konnte sich der Genreis so verbreiten? Warum soll man mit Herrn Linscombe den Erstaunten mimen? („ich war sprachlos"), wenn alles sonnenklar ist: entweder hat jemand den Forschungsreis abgezweigt und weiterverkauft, so wie das kürzlich in China passiert ist, wo transgener Reis ohne Erlaubnis von einer Universität an Landwirte weitergegeben wurde; oder es wurden einige Körner Genreis mit dem ohne Gentechnik gezüchteten „Basis-Saatgut" im Lauf der Saatgutherstellung mit vermehrt, könnte in vielen Gegenden angebaut und schließlich dank globaler Warenströme überall gelandet sein (ibd.).

Tatsache ist, mit meiner Kaufentscheidung kann ich nachhaltige Methoden der Nahrungsmittelerzeugung fördern wie wesensgemäße Bienenhaltung / artgerechte Tierhaltung, Essen ohne Gentechnik, Bio-Produkte - oder, wenn ich über das Karma der Gedankenlosigkeit nicht hinauskomme und bei Lebensmitteln sparen will, korrupte Machenschaften, die bis in die Zulassungsbehörden (EFSA, FDA) hinaufreichen.

Wenn derartige Behörden ein „Unbedenklichkeitstestat" erteilen, heißt das noch lange nicht, daß die genmanipulierten Erzeugnisse auch wirklich unbedenklich sind. Ganz im Gegenteil, man sollte hellhörig werden und diese Produkte auf jeden Fall meiden. Hier einige typische Floskeln der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der amerikanischen Nahrungsmittel- und Medikamentenverwaltung (Food and Drug Administration - FDA): „Es stellt keine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier dar", Auch früher hatten die untersuchten Produkte keinerlei Anlaß zur Sorge um die Gesundheit der Verbraucher gegeben", „zudem unterscheide sich LL601 in seiner Zusammensetzung unwesentlichvon konventionellen Reissorten" (FAZ 2006/216, p.1) - schließlich sehen sie äußerlich ja auch gleich aus.

Ins Hochdeutsche übersetzt heißt das: Achtung! Genmanipulierte Produkte können nicht nur langfristig zum Teil erhebliche Schäden für Mensch und Umwelt bringen. Es besteht berechtigter Anlaß zur Sorge um die Gesundheit der Verbraucher und die Kompetenz der Fachausschüsse für gentechnisch veränderte Organismen der EFSA, der FDA und der USDA.

Zweifel an der Kompetenz und Unabhängigkeit von EFSA, FDA und USDA gibt es genug: Der Vizepräsident des GVO-Panels der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA), Herr Jeremy Sweet, sah sich auf einer Gentechnikkonferenz in Wien kürzlich zahlreichen Beschwerden von Teilnehmern über sein parteiisches Verhalten ausgesetzt. „Er bestätigte damit die auch vom EU-Kommissar Stavros Dimas geäußerten Zweifel an der Unabhängigkeit der EFSA" (itm 2/06, p. 13-15). Die Griechische Regierungsdelegation ließ auf der Konferenz verlauten, daß Griechenland das komplette Staatsgebiet zu einer GVO-freien Zone erklärt hat und „dies offensichtlich mit dem Hauptargument, daß die traditionelle Produktion des äußerst hochwertigen griechischen Honigs in Gefahr sei." Schließlich ist Griechenland innerhalb der EU das Land mit der zweitgrößten Anzahl an Bienenvölkern (ibd.).

Die EFSA besitzt zwar eine ganze Reihe von hochkarätigen Entscheidungsträgern und Autoritäten vom Schlage eines Herrn Jeremy Sweet, nur mangelt es ihnen in der Regel an der Fähigkeit zwischen wichtigen und unwichtigen Dingen zu unterscheiden und eine gesunde Logik ist ihnen gänzlich abhanden gekommen (vergl. auch Science Review Letters 2006,5, 20) ,weshalb sie im Grunde ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko für die Europaische Union  - wenn nicht gar für die ganze Menschheitsentwicklung - darstellen. Ähnliches gilt für viele Entscheidungsträger der FDA und USDA.

Die oberste Landwirtschaftsbehörde in den USA (USDA) sagt, man solle ruhig sein und den Genreis einfach essen; man werde ihn bald zulassen, schließlich könne man Bayer nicht in der Finsterniss der Unglaubwürdigkeit sitzen lassen:

„USDA SAYS SHUT UP AND EAT YOUR FRANKENRICE. The USDA has finally reacted to the contamination of the U.S. rice supply by an unapproved, genetically engineered variety of rice created by the Bayer Corporation. Three weeks ago, it was discovered that Bayer's mutant rice, gene-spliced to survive heavy doses of a powerful herbicide called glufosinate, had contaminated U.S. long grain rice stocks. The USDA admitted it had "no idea" how extensive the contamination was. Meanwhile Japan has banned all U.S. rice imports, while the EU is rejecting U.S. imports that test positive for contamination.  The rice industry has been in a state of upheaval, with rumors of a massive market recall spreading across the country. This week, the USDA announced its plan of action: instead of recalling this illegal, and potentially unsafe rice, it is working with Bayer to fast-track the approval process. "Illegal, potentially hazardous rice in grain bins, on supermarket shelves, in cereal, beer, baby foods, and all rice products. It should be a no-brainer. Recall this stuff to make sure no one eats it," said Joseph Mendelson, Legal Director of the Center for Food Safety. "Instead, USDA plans to rush through 'market approval' of a genetically engineered rice that Bayer itself decided was unfit for commerce. Why? To free Bayer from liability." (OB#90)

Auch Äußerungen des Erfinders von LL601, Herrn Steven Linscombe, lassen ernsthaft Zweifel an der Schärfe seines Verstandes aufkommen, wenn er ihn nicht sogar ganz eingebüßt hat. Er sagt: Beim nächsten Mal werde man noch vorsichtiger sein und einige Meter mehr Abstand halten. „Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, daß das hier passiert sein soll". Wie man denn die Europäer dazu bringen könnte ohne Gewaltanwendung Genmanipuliertes zu essen oder wenigstens anzubauen? „Warum haben die Europäer eigentlich soviel Angst vor der Gentechnik - und geht die Angst weg, wenn LL601 hier zugelassen ist?" (FAZ 2006/215, p.3). Selbst bei erklärten Gentechnik-Befürwortern kommen leichte Zweifel auf: „Es läßt auf eine beunruhigende Sorglosigkeit schließen, wenn in Reiszuchtstationen experimentelle Pflanzen nur wenige Meter von jenen Pflanzen angebaut werden, aus denen riesige Mengen kommerziellen Saatguts entstehen" (FAS 2006/37, p.12).

Man muß nicht Mitglied in der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) werden, um die Gentechnik zu fördern - man braucht nur die entsprechenden Dinge einzukaufen: zum Beispiel Energieträger aus nachwachsenden Rohstoffen (genmanipuliertes Getreide, Mais etc.), billige Lebensmittel bei Kaufland, Aldi Lidl & Co, konventionelle Schokolade mit Sojalezithin (Kinderschokolade, Schokoriegel wie Mars, Snikers, Milky-way usw.), Milchkaffee bei Starbucks, Autoreifen von Michelin (Science Review Letters 2006, 5, 53).

Zurück zur Übersicht Apicultural Review Letters
 


 
 

die Gesamtausgabe der Briefe erscheint in der Fachzeitschrift "Apikultur"


Copyright: Centre for Food Safety | Forschungszentrum natuerliche Bienentherapie | Natural Apitherapy Research Centre